Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Keitum der Hauptort von Sylt. Denn lange bevor der Fremdenverkehr die Hauteinnahmequelle der Insel darstellte, brachten die Seefahrer das Geld nach Hause. Die seetüchtigen Sylter heuerten in Hamburg, Amsterdam und Kopenhagen an, um vor Spitzbergen und Grönland auf Walfang zu gehen.
Im Sommer auf hoher See, im Winter zuhause bei der Familie. Nicht alle kehrten zurück, denn die Arbeit im Eismeer war ein gefährliches Unterfangen. Das was blieb waren schmucke Kapitänshäuser, ausgestattet mit friesischer Fliesenkunst, feinstem Porzellan und kostbarem Interieur aus aller Herren Länder.
Friesische Geschichte. Von Seeabenteurern und Walfängern.
So erzählen viele der in Keitum stehenden, liebevoll restaurierten Friesenhäuser aus dem 18. Jahrhundert, mit den bewachsenen Steinwällen und Gärten wie aus dem Bilderbuch, Geschichten aus alten Zeiten. Kein Wunder also, dass in Keitum das “Sylt Museum” beheimatet ist. Hier können die Abenteuer der Seefahrer und Alltagsgeschichten der Insulaner bestaunt werden. Darüber hinaus locken wechselnde Ausstellungen über Sylter Persönlichkeiten die Besucher.
Shoppen und genießen in Keitum
Die Moderne ist natürlich längst in dem süßen Dörfchen angekommen. “Kings Genussshop”, am Dorfeingang gelegen, serviert Bistroküche des bekannten Sternekochs Johannes King in lockerem Ambiente, die daneben gelegene “Alte Wäscherei” könnte mit ihrem stylishen Angebot an wunderschönen Blumen-Arrangements und angesagten Interieur-Accessoires auch am Prenzlauer Berg liegen. “Brot & Bier” auf der anderen Straßenseite bringt das zünftige Butterbrot als üppig belegte Stulle im Riesenformat in die Neuzeit, dazu gibt’s ein frisch gezapftes “Original Sylter Bier”.
Kunst und Kunsthandwerk in Keitum
Und in Keitum tummelt sich allerlei Kreatives: hier finden sich Galerien und Künstlerateliers, Gold- und Silberwerkstätten bieten liebevoll angefertigte Unikate, Töpfereien bezaubernde Keramik an. In inhabergeführten kleinen Lädchen kann nach skandinavischen Wohn-Accessoires, individuellen Sylt-Souvenirs und spannenden Kollektionen internationaler Modedesigner gestöbert werden.
Die Büchertruhe von Keitum
Im inoffiziellen Zentrum des Ortes, dort wo die Straße in einer leichten Rechtskurve hin zum “Friesensaal” abbiegt, liegt der legendäre, persönlich geführte Buchladen von Hildegard Steiner-Schwarz. Die “Büchertruhe” ist zur Pilgerstätte für Literaturliebhaber geworden. Sie habe “vor langer langer Zeit, als Sylt noch der Fluchtpunkt von Dichtern, Denkern und Verlegern war”, so schrieb DIE ZEIT, ebenjenen “den Kopf verdreht”. Da können wir nur hoffen, dass die 89-jährige nicht alsbald in den Ruhestand geht.
Direkt gegenüber: der “Eisbär”, der süße Eiswagen aus den 50ern versorgt Spaziergänger mit selbstgemachtem Bio-Eis aus dem nebenliegenden Weinbistro “Reblaus”.
Apropo Selbstgemacht: in Keitum wird auch angebaut.
In Keitum steht der nördlichste Weinberg Deutschlands (über den Fahrradverleiher “E-Bike Sturmflotte” wird z.B. eine “Bike & Wine-Tour” mit Besichtigung angeboten) und ist seit 2020 Heimat der “Sylter Meeresgärtnerei” – der ersten und einzigen Zitronenplantage in Norddeutschland.
Meeresalgen, Salzwiesenkräuter und Küstengemüse wie Queller werden hier ebenso angeboten. Wer es zu den Öffnungszeiten nicht nach Keitum schafft, kann sich die Biofrüchte auch rund um die Uhr aus dem “Syltomat” ziehen. Sehr praktisch!
Einfach treiben lassen. Selten war ein Irrgarten so idyllisch.
Sich im Gewirr von kleinen Gässchen in Keitum zurechtzufinden, kann manchmal etwas schwierig sein. Aber keine Sorge: irgendwie führt jeder Weg in den Ortskern hinein. Oder wieder hinaus.
Und eh man sich versieht, steht man plötzlich doch vor “Nielsens Kaffeegarten” und kann auf der Terrasse mit herrlichem Wattblick köstliche Friesentorte genießen. Ganz neu, bietet die junge Küchencrew auch Pikantes wie frische Salate und Bowls an.
Friesentorte, wohin man schaut.
Welches denn nun die “inselbeste Friesentorte” ist, das sollte man am besten selbst herausfinden. Weitere heiße Anwärter auf den Titel des besten Tortenbäckers sind: “Kamps” – das kleine Hotel bietet im Cafégarten Selbstgebackenes nach Omas Rezepten an. Die “Kleine Teestube”, das niedliche Friesenhäuschen am Anfang des Ortes, ist eine Keitumer Institution und backt den Klassiker “mit sehr viel Herz” seit 1985.
Wer es etwas luxuriöser mag: das Severins Hotel mit den Restaurants “Tipkens” und “Hoog” bietet eine hervorragende, wechselnde Kuchenauswahl aus der hauseigenen Patisserie und im außerhalb des Ortes gelegenen “Teekontor” kann man in den eleganten ruhigen Räumen mit bodentiefen Fenstern, am prasselnden Kaminfeuer den Blick in die weite Natur der Rantumer Wiesen verlieren.
Viel große Gastronomie auf kleinstem Raum.
Relativ frisch hat das Restaurant “Oma Wilma” die Keitumer Gastronomieszene erweitert. Im ruhigen Garten oder drinnen sitzt man gemütlich in friesisch-modernem Ambiente, um Klassiker der norddeutschen Küche, wie Königsberger Klopse, Kabeljauklößchen oder einen deftigen Zwiebelrostbraten zu genießen. Heimatküche modern interpretiert.
Überhaupt findet man in Keitum viel große Gastronomie auf kleinstem Raum: das “Amici” bietet klassische italienische Küche auf höchstem Niveau, direkt gegenüber: die “Butcherei Grill & Bar”. Fleisch-Fans kommen hier auf ihre Kosten, wenn nach amerikanischem Vorbild im 800 Grad heißen Ofen – “dem New Yorker Höllenfeuer” – Fleisch exzellenter Qualität zubereitet wird.
Das “grüne Herz der Insel” hat auch unseres im Sturm erobert.
“Zauberhafte Bauerngärten”, “ländliche Friesenromantik”, “traditionsreicher Charme”, “historischer Glanz”… An schmachtenden Begriffen mangelt es nicht, wenn es um die Beschreibung des Friesendörfchens geht. Aber mal ehrlich: das “grüne Herz der Insel” hat auch unseres im Sturm erobert! Das Wechselspiel zwischen der ruhigen Atmosphäre in malerischer Kulisse des Ortes und der weiten Natur auf der Wattseite, die zahlreichen Kunsthandwerker, Galerien und kleinen Lädchen – dazu die anspruchsvoll-kreative und abwechslungsreiche Gastronomie. Das alles macht Keitum so einzigartig.
Wer allerlei neue Lieblings-, Shopping- und Genussadressen finden will, der ist in Keitum goldrichtig. Eben ein Juwel am Watt.
Kurzweilige Zeitreisen durch Keitum unter ortskundiger Führung
Ortsführungen in die Geschichte Keitums und Sylter Traditionen bietet die Touristinformation Keitum jeden Dienstag ab 10.30h an. Treffpunkt: Touristinformation am Gurtstig 23 in Keitum (Bus-Linie 3 + 3a), Dauer: ca. 2 Stunden. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, Karten sind online oder bei allen Touristinformationen und Vorverkaufstellen erhältlich.
Darüber hinaus werden Geschichts-, Kultur- und Genussinteressierten verschiedenste Thementouren angeboten. Von Sagen- und Schlickwandertouren, zu Wikingern- und Weinberg-Touren. Eine komplette Übersicht findet sich unter diesem Link.