Wer sich anschaut, mit welchen Rädern gerade die Gäste auf der Insel unterwegs sind, wird das Gefühl nicht los, dass E-Bikes mittlerweile die beliebtesten Zweiräder auf Sylt sind. Schließlich kommt man motorbetrieben und auf einem gepolsterten Sattel mit ihnen auch dann noch bequem vorwärts, wenn der Wind mal stramm von vorne bläst – und das ist auf der Insel bekanntermaßen nicht selten der Fall. Für den 11. September dieses Jahres hat sich mit dem „Cycling Paradise“ nun ein sogenanntes Vintage-Rennen angekündigt, bei dem moderne Technik und Komfort absolut verpönt sind. Und auch Platzierungen und Bestzeiten werden hier keine Rolle spielen.
„Das Thema Radrennen wird eher mit Tempo assoziiert. Hier geht es aber um Lifestyle und darum, eine schöne Zeit zu verbringen“, erklärt Initiator Lars Bendix Düysen dazu auf einem Pressetermin. Der gebürtige Sylter, der mittlerweile in Süddeutschland lebt, fährt selbst leidenschaftlich gerne Rad – auch schon mal 72 Kilometer zur Arbeit – und hat selbst bereits an einigen Vintage Rennen teilgenommen. Irgendwann kam er dann auf die Idee, auf Sylt so ein Rennen auf die Beine zu stellen.
Einfache Technik ist angesagt
„Unser Kontext ist die Natur und nicht die Boulevardpresse“, umschreibt Düysen dabei den grundsätzlichen Gedanken der Vintage-Rennen, die vor allem in Italien sehr beliebt sind, aber auch in Deutschland immer mehr Anhänger finden. Das gemeinsame Erleben in der Natur wird dabei mit einer Rückbesinnung auf die einfache Technik verbunden. Die Räder sind daher in der Regel mindestens 30 Jahre alt und möglichst noch im ursprünglichen Zustand und auch die Kleidung sollte zum Alter des Sportgerätes passen. Moderne, atmungsaktive Sportkleidung ist bei solchen Rennen daher nicht so gerne gesehen.
Auf der Suche nach jemandem, „der Ahnung davon hat, wie man so ein Event organisiert“, ist Düysen dann bei Sylt Marketing sowie Kiki Schneider und Patrick Layer fündig geworden. Während Schneider als Organisatorin des Polo-Turniers in Hörnum und dem Wintermarkt in Westerland bekannt ist, hat Layer einige Jahre den Windsurf World Cup mitorganisiert und war danach verantwortlich für das Kampen Jazz mit Till Brönner.
Es geht nicht um Höchstleistungen
„Der erste Kontakt mit Moritz Luft vom Sylt Marketing war so positiv, das klar war, dass ich aus der Nummer nicht mehr rauskomme“, erinnert Düysen sich mit einem Grinsen. Und auch Kiki Schneider war sofort begeistert von der Idee, ein Rad-Event nicht als großes Sportevent aufzuziehen, bei dem es um Höchstleistungen geht, sondern darum, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Insel von einer ganz neuen Seite kennenlernen und sich auch gegenseitig helfen, wenn es mal eine Panne gibt.
„Wir waren total schnell Feuer und Flamme, schließlich gibt es noch kein Rad-Event auf der Insel“, erklärt Lynn Scotti von der Sylt Marketing GmbH, die schon im Vorfeld die eigenen Kommunikationskanäle zur Verfügung stellt, um das Rennen bekannt zu machen und Teilnehmer anzulocken.
Wenningstedt als Startpunkt
Dass der sportliche Ehrgeiz bei Vintage-Rennen grundsätzlich nicht im Vordergrund steht, zeigt sich auch daran, dass es keine Absperrungen geben wird und die Veranstalter für die beiden vorgesehenen Strecken über 65 und 100 Kilometer eine Zeit von sechs bis zehn Stunden avisieren. Beide Strecken starten auf der Promenade in Wenningstedt Richtung Süden bis nach Hörnum. Auf dem Weg zurück geht es dann über das Rantum Becken in den Osten der Insel. Während die kürzere Strecke auf Höhe Munkmarsch zurück nach Wenningstedt führt, geht es für die große Tour bis nach List – der Ellenbogen wurde aus Platzgründen bewusst ausgespart – und dann über die alte Inselbahntrasse durch Kampen zurück zum Startpunkt.
Für die Teilnehmer soll das „Cycling Paradise“ ein unvergessliches Erlebnis werden und für die Veranstalter natürlich auch ein kommerzieller Erfolg. Trotzdem möchte Düysen das Event nicht als „Kinderspielplatz von Kreativen, sondern als ernst gemeintes Engagement“ verstanden wissen. Denn der Slogan „embrace nature“ bezieht sich nicht nur darauf, während des Rennens mal Pause zu machen und sich am Hafen in Rantum einen Kaffee schmecken zu lassen oder in Kampen den Avenariuspark zu besuchen. So wird an den Verpflegungsstationen kein Plastikgeschirr ausgeteilt und die Teilnehmer werden gebeten, mit der Bahn und nicht dem eigenen Auto anzureisen.
Maximal 850 Teilnehmer
Vorbild aller Vintage-Rennen ist die L’Eroica, die 1997 erstmals in der Toskana ausgetragen wurde. Damals waren es 97 Teilnehmer, mittlerweile sind es über 8.000. Ganz so groß hatte Düysen für das Rennen auf Sylt zu Beginn nicht gedacht, aber 2.000 Teilnehmer sollten es anfangs eigentlich schon sein und als Termin war ein Wochenende im Juni geplant.
Im Dialog mit Sylt Marketing und auch der Gemeinde wurde Düysen dann klar, dass sich das Rennen mit seinem Anspruch nicht in die Angebote während der Hauptsaison einreihen sollte und auch mit der jetzt festgelegten Teilnehmerzahl von 850 kann er sehr gut leben. Schließlich gehe es um „Nachhaltigkeit, Entschleunigung und die Verkehrswende, von der so viele sprechen“, ergänzt Nikolas Häckel. Um das sei im jetzigen Rahmen machbar, so der Bürgermeister der Gemeinde Sylt.
Und während bei den meisten Vintage-Rennen steile Anstiege im Gebirge die größten Herausforderungen darstellen, wissen die möglichen Teilnehmer auf Sylt jetzt schon, worauf sie sich gefasst machen können. Schließlich heißt der komplette Titel der Veranstaltung „Cycling Paradise – Riders on the storm“.
Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter www.cycling-paradise.com.