Schadet man damit dem friesischen Kulturgut? Auf der jüngsten Gemeindevertretersitzung zeichnete sich über die Parteigrenzen hinweg ein eindeutiges Bild: Von „entsetzlich“ bis „unanständig“ reichten die Reaktionen der Politiker, nachdem sie von Markus Gieppner (Insulaner) über den Markenrechtsstreit informiert wurden.
Aufforderung per Mail
Zum Hintergrund: Katja Holzheimer vertreibt in ihrem Shop „barfuss am Strand“ unter anderem Bekleidung mit dem in Nordfriesland berühmten Ausspruch. Vor rund zwei Wochen erhielt sie von Kirstin Dobrot eine Mail mit dem Hinweis, dass sie damit gegen Markenrecht verstoße, da Dobrot selbst Inhaberin der Wortemarke „Rüm Hart, klaar Kiming“ sei. Die Inselkind-Betreiberin habe ihre Mitbewerberin aufgefordert, sämtliche Produkte mit den vier Worten aus dem Sortiment zu nehmen, jegliche Werbung dafür zu stoppen und dies auch schriftlich zu bestätigen.
Katja Holzheimer war von der Mail durchaus überrascht: Ihre Recherche im Dezember vergangenen Jahres hatte ergeben, dass „Rüm Hart, klaar Kiming“ zu diesem Zeitpunkt markenrechtlich nicht geschützt gewesen sei. Im September 2015 gab es dazu zwar einen Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt in München, dieser war jedoch aufgrund von „fehlender Unterscheidungskraft“ abgelehnt worden. Demnach können Begriffe nicht als Marke eingetragen werden, wenn sie so häufig benutzt werden, dass sie einem einzelnen Anbieter nicht mehr zugeordnet werden können. Zum Zeitpunkt der Produktion bestand ihrer Ansicht nach also kein Markenschutz.
Anerkennung aus Spanien
Aufgeschreckt durch die Mail der Inselkind-Betreiberin holte Katja Holzheimer erneut Informationen ein und stellte nun fest, dass mittlerweile ein Markenschutz für den Spruch bestand. Nur wenige Tage, nachdem sie den Auftrag für ihre Produktion im Dezember freigegeben hatte, war die Marke beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) durch Kirstin Dobrot beantragt worden. Die Behörde mit Sitz im spanischen Alicante gab dem Antrag statt, und seit dem 25. März dieses Jahres ist „Rüm Hart, klaar Kiming“ eine auf EU-Ebene eingetragene Marke – bezogen auf Schlüsselketten, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Plakate und Postkarten sowie Nylonflaggen, Textilfahnen und -wimpel, Fahnen aus Stoff oder Kunststoff, Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen.
Kirstin Dobrot sieht den zeitlichen Ablauf anders: Auf Nachfrage der Buddelpost erklärte sie, dass ihre Mitbewerberin den Schriftzug erst kommerziell genutzt habe, als sie schon darüber informiert gewesen sei, dass eine entsprechende Marke eingetragen war. Ihr Vorgehen begründet sie zudem damit, dass sie selbst schon schlechte Erfahrungen mit dem Markenrecht gemacht habe, als sie den geschützten Begriff EBBE & FLUT für eine Kollektion habe nutzen wollen. Dass habe „erhebliche wirtschaftliche Einbußen“ für sie zur Folge gehabt.
Fehlende Unterscheidungskraft
Die Auseinandersetzung der beiden Geschäftsfrauen wird nun wohl das Gericht beschäftigen, denn Katja Holzheimer hat ihrerseits juristischen Beistand eingeholt, um die Sache zu klären. Ihr Anwalt Paul Frank bestätigt nach uns vorliegenden Schriftstücken die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes im Hinblick auf die fehlende Unterscheidungskraft und geht davon aus, dass die Eintragung der Marke beim EUIPO nicht rechtmäßig gewesen sei.
Emotionale Debatte
Ganz unabhängig vom Markenrechtsstreit zweier Unternehmen stellt sich jedoch die Frage, was die Friesen davon halten, wenn ihr Wahlspruch zur Marke wird. Laut Markus Gieppner müsse die Politik ein klares Zeichen setzen: „Wir dürfen das Ausnutzen der rechtlichen Möglichkeiten auf dem Rücken unserer Kultur und unserer Gesellschaft nicht mehr hinnehmen. Wir haben über die Zeit schon so vieles hingenommen mit dem Resultat, dass wir so vieles verloren haben.“
Kirstin Dobrot weist diesen Vorwurf von sich: „Als Sylterin in dritter Generation, die privat, wie auch geschäftlich alles daransetzt, die Interessen meiner Heimatinsel zu wahren und mich für eine möglichst lebenswerte Zukunft einzusetzen, bin ich zutiefst erschüttert über den Umgang mit mir in dieser Sache.“
Markenübertragung als Lösung?
Sie habe mit der Mail an Katja Holzheimer auf ein ihrer Meinung nach unrechtes Verhalten aufmerksam machen wollen. Auf die Frage, ob andere Unternehmen wie etwa der Flaggenshop in der Strandstraße mit ähnlichen Mails rechnen müssten, erklärte sie, dass dies „selbstverständlich“ nicht der Fall sei.
Während die Gemeindevertreter die Verwaltung damit beauftragt haben, einen Weg aufzuzeigen, wie mit der Angelegenheit weiter verfahren werden kann, ist Kirstin Dobrot mittlerweile selbst aktiv geworden. Sie hat dem Verein Sölring Foriining angeboten, die Marke zu übernehmen und ist dazu mit dem Geschäftsführer Sven Lappoehn im Gespräch: „Vermutlich ist die Marke dort in den besten Händen.“