Der nächste Warntag von Bund, Ländern und Kommunen findet am 8. Dezember 2022 statt. Das Ziel: Die Bevölkerung soll mit dem Thema vertraut gemacht und die eigenen Warnmittel und Alarmabläufe sollen technisch erprobt werden.
Fachleute der Landesfeuerwehrschule in Harrislee hatten in Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz Nordfriesland ein Sturmflutszenario ausgearbeitet. Es setzte sich aus etlichen lebensnahen Gefahrenlagen zusammen, auf die der Stab reagieren musste. “Das waren zwei harte Tage, in denen wir eine Menge gelernt haben. Denn wir konnten mit vielen Menschen üben, die sich erstmals zur Mitarbeit im Stab gemeldet haben. Darüber habe ich mich sehr gefreut”, berichtet Landrat Florian Lorenzen.
Zum Stab gehören Fachleute für bestimmte Bereiche: Einer für die Organisation und für die Nachführung frischer Hilfskräfte, zwei für die aktuelle Lagekarte, je einer für die Koordination von Feuerwehr, THW, Polizei, Bundespolizei, DRK, DLRG, Bundeswehr, Rettungsdienst und dem Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein, einer für die Versorgung mit Material, einer für die Pressearbeit, einer für Social Media, einer für die technischen Kommunikationswege und einer, der die eingehenden Nachrichten auswertet und weitergibt.
Unter den neuen Kräften waren zahlreiche Ehrenamtler aus Feuerwehr, THW und DRK, aber auch Mitarbeiter des Landesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz, der Bundeswehr, des Klinikums NF, der Netz SH und der Kreisverwaltung. Für sie alle gab es genug zu tun: Auf der Eiderbrücke bei Tönning war ein LKW umgekippt, Flussdeiche weichten im Regen auf, Pumpen fielen aus, die Evakuierung von Pellworm musste vorbereitet werden, in Seniorenheimen fiel der Strom aus – im Minutentakt trafen Meldungen ein, die die rund 40 Übenden ins Schwitzen brachten. Sie sollten aus der Ferne die Einsatzkräfte leiten, Nachschub wie etwa Sandsäcke und Flutlichter heranschaffen, Notunterkünfte bereitstellen, ausgeruhte Kräfte organisieren, die erschöpfte Helfer ablösen konnten, und vieles mehr.
Wie schnell wurden die Nachrichten innerhalb des Stabes an die jeweils zuständigen Fachleute weitergereicht? Lief die Kommunikation zwischen den Stabsfunktionen reibungslos? Kamen sie inhaltlich auf die richtigen Ideen? Stimmte die Prioritätensetzung? Wurden die Kommentare berücksichtigt, die über die sozialen Medien eintrafen? Wurde die Öffentlichkeit unverzüglich über die wichtigsten Ereignisse informiert? Diese und viele weitere Aspekte wurden fortlaufend von rund 20 Prüfern aus Hilfeleistungsorganisationen anderer Kreise überwacht, die sich bereit erklärt hatten, die Landesfeuerwehrschule bei der Übung zu unterstützen.
Am Ende der beiden Tage waren die Experten mit dem nordfriesischen Stab sehr zufrieden. “Trotz der vielen neuen Kräfte sind wir in kurzer Zeit zu einem guten Team zusammengewachsen, in dem alle mitdenken und sich gegenseitig informieren und unterstützen”, fasst Stabsleiter Hauke Boller die Bewertung der Prüfer zusammen. Wenige Tage vor der Übung hatten die Kollegen aus dem Bereich Katastrophenschutz der Verwaltung die Idee, den Strom im Kreishaus abzustellen und die Internetleitung zu unterbrechen – würde dann das Chaos ausbrechen? “Zum Glück nicht. Unser Notstromaggregat ist sofort angesprungen und hat uns am kompletten zweiten Übungstag mit Energie versorgt. Und ins Internet kamen wir über Satelliten”, freut sich Florian Lorenzen.
Erwartungsgemäß wurde allerdings auch Verbesserungspotenzial benannt, etwa bei der IT und der Verbindung zwischen Stab und Bürgertelefon. “Daran arbeiten wir nun, um uns bestmöglich auf den Ernstfall vorzubereiten”, erklärt der Verwaltungschef. Die nächste größere Übung soll im Herbst 2023 stattfinden. Drei prominente Gäste ließen es sich nicht nehmen, die Übung einige Stunden lang vor Ort zu verfolgen: Oberst Axel Schneider, der Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein, hob die gute Integration der Bundeswehr in den Stab hervor.
Birgit Matelski, die Direktorin des Landesbetriebes für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein, plant eine gemeinsame Übung ihres eigenen Stabes mit dem des Kreises. Und Jörg Sibbel, Staatssekretär im Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport des Landes Schleswig-Holstein, empfahl allen Kreisen im Lande, ähnlich realistische Katastrophenschutz-Szenarien zu üben wie in Nordfriesland. “Wir müssen üben, üben, üben, um für den Ernstfall gewappnet zu sein”, betonte Sibbel.