Es schien wie ein Weihnachtsgeschenk, das viele Skater sehnlichst erwartet haben: „Halleluja! Grünes Licht für den Skatepark im Multipark!“, schrieb der Verein Skateboarding Sylt kurz vor Weihnachten auf seiner Facebookseite. Der Grund für die Freude: Der Kreis Nordfriesland hatte der Gemeinde Sylt die Baugenehmigung für den ersten Bauabschnitt des am Syltstadion geplanten Multiparks erteilt – inklusive Skatepark.
Insbesondere letzterer ist nicht unumstritten: Immer wieder bemühen sich Anlieger um Gehör für ihre Bedenken. Besonders die zu erwartende Lärmbelästigung steht im Fokus, seit die Gemeindevertretung dem Multipark im November 2019 ihre mehrheitliche Zustimmung erteilt hat. Dieser soll in den weiteren Bauabschnitten neben Flächen für Funsportarten wie Basketball und Beachvolleyball auch das Leichtathletikangebot beherbergen, das der Turn- und Sportverein (TSV) Westerland bisher im Syltstadion hat stattfinden lassen.
TSV braucht den Standort
„Für uns ist der Standort am Syltstadion alternativlos“, sagt der Vereinsvorsitzende Hans Wilhelm Hansen. „Das Sportzentrum Sylt-Ost ist auf Fußball ausgelegt und das Gelände an der Sporthalle am Fliegerhorst unbrauchbar.“ Der einzige weitere Leichtathletikplatz auf Sylt befindet sich derzeit in List. „Die Entfernung ist logistisch für uns nicht zu überbrücken.
Bei über 400 Sportabzeichen, die pro Jahr abgenommen werden, wären die Fahrten für die Lehrer zeitlich überhaupt nicht leistbar.“ Der TSV werde das Stadion darum auch weiter nutzen, bis die Bauarbeiten beginnen und in dieser Zeit in Eigenleistung für die Pflege der Rasenfläche, Laufbahnen und Sprunggruben sorgen. „Wir haben mit dem Schul-, Jugend-, Kultur- und Sportausschuss der Gemeinde eine Rückerstattung des Aufwands vereinbart.“
Kritik aus Reihen der Anlieger
Mit den Funsport- und Leichtathletikangeboten sei er persönlich vollkommen einverstanden, betont Andreas Dobrzinski, Sprecher der Interessengemeinschaft Anlieger Sylt Stadion. „Selbst den Skatepark hätte ich befürwortet, wenn er so umgesetzt worden wäre, wie in der Machbarkeitsstudie ursprünglich vorgesehen.“ Das Planungsbüro Pätzold und Snowadsky war 2018 zu dem Schluss gekommen, dass der Standort am Syltstadion von allen möglichen Optionen die beste sei – knapp vor dem vom Verein Sylter Unternehmer immer wieder ins Spiel gebrachten Standort am Sportzentrum Sylt-Ost.
In den damaligen Plänen waren für den Skatepark eine dreiseitige Lärmschutzwand und Teilüberdachung vorgesehen. „Als ich das gesehen habe, war ich erst einmal erleichtert“, erinnert sich Dobrzinski.
Dann aber seien die von den Architekten Rune Glifberg und Ebbe Lykke entwickelten Pläne für den Skatepark immer weiter ausgeufert: „Mit der Zeit drängte sich mir der Eindruck auf, nicht wir haben ein Problem mit dem Standort, sondern die Skater. Alles wurde von Mal zu Mal immer größer – besonders die Lärmschutzwand“, kritisiert er.
„Skaterlärm ist kein Kinderlärm.“
Trotzdem befürchtet er eine Überschreitung der zumutbaren Lärmbelästigung und lässt sich dabei auch nicht von den inzwischen zwei Lärmschutzgutachten überzeugen, die die Gemeinde hat erstellen lassen: „Es ist eine Privilegierung von Kinderlärm einberechnet worden.
Ich habe mir einige Anlagen vergleichbarer Größe angesehen und festgestellt, dass gerade in den Abendstunden überhaupt keine Kinder mehr auf der Anlage sind, sondern nur noch Erwachsene. Wie der Ortsbeiratsvorsitzende Kay Abeling in diesem Zusammenhang in öffentlicher Sitzung einmal treffend bemerkte: Skaterlärm ist kein Kinderlärm.“
Ein von der Initiative beauftragter Gutachter der DEKRA attestierte dem aktuellen Lärmschutzgutachten relevante Berechnungsfehler: „So hat man zum Beispiel an einem Haus nur das Erdgeschoss berücksichtig, nicht aber das Obergeschoss“, erklärt Dobrzinski. Im Süden seien zu wenige Häuser einberechnet worden, im Norden zu viele.
„An einer anderen relevanten Stelle wurde ein Haus überhaupt nicht berechnet.“ In jedem Fall wollen die Anlieger darum Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen. Aussichtslos sei dieser keineswegs, meint Hans-Martin Slopianka, Pressesprecher des Kreises Nordfriesland, „aber damit er Erfolg haben kann, müssen strenge Voraussetzungen erfüllt werden.“ Eine aufschiebende Wirkung hat der Widerspruch nicht, sprich: Die Gemeinde dürfte dennoch mit dem Bau beginnen.
Doch kein Multipark für alle?
Der Weg zum Multipark für alle ist damit aber noch nicht vollständig beschritten: Weil der aktuelle Bebauungsplan für das Syltstadion lediglich Sportstätten zulässt, dürften ausschließlich Schüler während des Unterrichts und Vereinsmitglieder den Skatepark nutzen. Ist der öffentliche Freizeitpark für Sylter und Gäste damit vom Tisch?
Eine von der Gemeinde verfasste Verzichtserklärung, nach der lediglich sportliche Trainingsaktivitäten und schalltechnisch vergleichbare Sportaktivitäten im Bereich der Leichtathletik im Sylt-Stadion ausgeübt werden dürfen, könnte diese Vermutung zulassen.
„Diese Erklärung war notwendig, um zum jetzigen Zeitpunkt eine Baugenehmigung zu erhalten“, erklärt Bürgermeister Nikolas Häckel und versichert: „Unser Ziel ist noch immer dasselbe: Einen Freizeitpark für alle Sylter und Gäste zu schaffen.“
Über eine Änderung des Bebauungsplanes soll im nächsten Schritt die uneingeschränkte Nutzung ermöglicht werden. Das sei durchaus möglich, bestätigt Kreissprecher Slopianka, „die Nutzungsänderung muss aber erneut beantragt werden. Dieser Antrag wird dann unter Berücksichtigung der Lärmschutzverordnung von den entsprechenden Instanzen noch einmal geprüft.“
Winkelzug für erhöhte Lärmpegel?
Das ist übrigens nicht der einzige Bebauungsplan, der im Umkreis um das Syltstadion derzeit geändert werden soll: Auch die benachbarten Bebauungspläne, die für die Gebäude der Anlieger gelten, befinden sich aktuell in einem Änderungsverfahren.
„Damit wird im Vorwege die zulässige Lärmbelastungsgrenze einfach nach oben verschoben“, ärgert sich Dobrzinski. „Für uns ist es nicht schlüssig, dass die Änderung eines reinen Wohngebietes in ein Sondergebiet für Dauer- und Ferienwohnungen auch gleichzeitig zu einem geringeren Lärmschutzbedürfnis führt.“
Nikolas Häckel weist diese Vorwürfe von sich: „Die Änderung der Bebauungspläne wären ohnehin gekommen, um die seit langem in einer rechtlichen Grauzone stattfindende Ferienvermietung zu legalisieren“, erklärt er. Tatsächlich sind die dabei zulässigen Werte für die erlaubten Lärmpegel nicht von der Gemeinde Sylt, sondern von der Lärmschutzverordnung des Bundes festgelegt.
Die Skater sind happy
Trotz aller Diskussion um die Multiparkpläne: Als Vorsitzender des Vereins Skateboarding Sylt e.V. ist Gernot Westendorf jetzt erstmal glücklich: „Wir sind so erleichtert und unglaublich zufrieden. Der Multipark ist noch lange nicht gebaut, aber wir sind äußerst positiv gestimmt, denn wir sind wieder einen entscheidenden Schritt weitergekommen.“
Mit den vom Kreis vorgegebenen Ruhezeiten hat der Skater keine Probleme, wenn sie für ein friedliches Miteinander am Multipark hilfreich sind: „Ich wünsche mir, dass Gäste, die nicht selbst skaten, ebenso gern zum Zuschauen bei den sportlichen Aktivitäten stehenbleiben wie zum Beispiel bei den Surfern am Strand. Denn es ist ganz in unserem Sinne, einen für alle offenen Park zu haben.“
Ist der Park erst einmal errichtet, soll innerhalb eines Jahres ein drittes, unabhängiges Lärmgutachten die vorab ermittelten Werte noch einmal überprüfen. „Die Kosten hat der Betreiber zu tragen“, ist der Genehmigung zu entnehmen.
Wer das sein wird, steht noch nicht fest. Die Kosten könnte möglicherweise dennoch die Gemeinde übernehmen. Nikolas Häckel: „Hauptsache ist, wir kriegen dieses tolle Projekt auf die Kette. Dabei wird es sicher nicht an den Kosten eines Lärmschutzgutachtens scheitern.“