„Die friesische Volksgruppe und die dänische Minderheit sind Schätze, die unseren Alltag bereichern. Aber insbesondere die friesische Kultur ist gefährdet – deshalb müssen wir sie hegen und pflegen“, erklärte Landrat Florian Lorenzen in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung des zweiten Minderheitenberichts des Kreises Nordfriesland.
Vielfältige friesische Kultur
Auf rund 80 Seiten wird geschildert, wie vielfältig die friesische Kultur im Alltag präsent ist: So fördern der Nordfriesische Verein und die Friisk Foriining neben der Sprache Theater-, Musik-, Tanz- und Trachtengruppen, bemühen sich um die Bewahrung historischer Denkmäler und unterstützen historische, landschaftsgeschichtliche und volkskundliche Vorträge und Veröffentlichungen.
In der Pressemitteilung erklärt Birte Überleer aus dem Fachbereich Jugend, Familie und Bildung: „Das wichtigste Element der Weitergabe einer Sprache sind Muttersprachler, die selbst von Kind auf an Friesisch, Dänisch oder Plattdeutsch sprechen und dies ganz natürlich im Alltag an ihre Kinder und Enkel weitergeben.“ Verwaltung und Schulen könnten die Minderheiten dabei unterstützen, Sprache und Kultur lebendig zu erhalten, sie aber nicht ersetzen.
Landesregierung ist gefordert
Für die Sölring Foriining sind zwar auch die Friesisch sprechenden Familien von zentraler Bedeutung. „Da deren Zahl sich jedoch dramatisch verringert hat, muss die Landesregierung ebenso in die Pflicht genommen werden und die ambitionierten Lehrkräfte mit angemessenem Unterrichtsmaterial ausstatten“, erklärt ihre Vorsitzende Maren Jessen.
Sie erachtet die Berichte des Kreises zwar als wichtig, denn es werde dargestellt, „dass wertvolles Kulturgut in Form der friesischen Dialekte ein Bewusstsein für die Besonderheiten unserer Region bei Kindern und Jugendlichen bilden.“ Maren Jessen weist aber auch auf Missstände hin bei der Vermittlung der friesischen Sprache, die im Bericht nicht thematisiert wurden: „So ist es kein Geheimnis, dass weder Studierenden noch ausgebildeten Friesischlehrern ein angemessenes Unterrichtsmaterial in Form von Büchern und Kursen zur Verfügung gestellt werden kann, da dieses nicht existiert.“ Dabei wäre es ihrer Meinung nach ein Leichtes, Unterrichtsmaterial in den jeweiligen Dialekten zumindest für die vier Klassenstufen der Grundschulen zu erstellen.
Dänische Minderheit wächst
Während die Gruppe der Friesen also kontinuierlich kleiner wird, kann die dänische Minderheit von einer positiven Entwicklung auf Sylt berichten. „Der Kindergarten boomt“, so Astrid Detlefsen vom dänischen Kulturverein. Sie schätzt, dass auf der Insel rund 1.000 Personen der Minderheit angehören. So sind 400 Mitglieder im Kulturverein aktiv sowie 260 Sportlerinnen und Sportler im Verein organisiert. Die dänische Schule wird von 80 Schülern besucht und etwa 50 Mädchen und Jungs gehen in die Kita.
Auch wenn die Voraussetzungen, auf denen beide Minderheiten ihr jeweiliges Brauchtum auf der Insel pflegen, somit sehr unterschiedlich sind, haben beide das Ziel, nicht nur als schmückendes Beiwerk wahrgenommen zu werden. Astrid Detlefsen: „Es soll nicht nur schick sein, zur dänischen Minderheit zu gehören, sondern man muss sich auch engagieren.“ Das kann Maren Jessen für die Friesen nur unterstreichen. „Es geht um mehr als nur darum, unsere Trachtengruppe zu buchen.“
Wertvolle Prägung
Dass auf Kreis- und Landesebene in diesem Bereich lange Zeit Fehler gemacht worden sind, die nun korrigiert werden müssen, erklärt Landrat Florian Lorenzen mit Blick auf den aktuellen Minderheitenbericht. So werde, was vor Jahrzehnten als provinziell und rückwärtsgewandt empfunden wurde, heute oft als wertvolle Kindheitserfahrung und Prägung für das spätere Leben angesehen. „Wer in einer Familie aufwachsen durfte, in der im Alltag Friesisch, Plattdeutsch oder Dänisch gesprochen und die damit verbundene Kultur gelebt wurde, trägt diese Erinnerungen lebenslang im Herzen. Das ist ein großer Vorteil. Und es schafft schneller eine Verbindung zu Menschen, die die gleichen Erfahrungen gemacht haben.“