Wegen seiner unvergleichlichen Vielfalt und ökologischen Bedeutsamkeit hat die UNESCO das Wattenmeer schon lange als „Weltnaturerbe“ ausgewiesen. Seit über 40 Jahren einen gemeinsame Bestrebungen die Nachbarländer Deutschland, Dänemark und die Niederlande, darin, es zu erhalten. Die drei Staaten sind immerhin auch durch rund 500 Kilometer Wattenmeer-Küste verbunden. Der internationale Austausch zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit mit dem speziellen Blick auf diese Region soll das Wattenmeer nicht nur für nachfolgende Generationen erhalten. Die Jugend wurde nun auch selbst in die Überlegungen eingebunden: auf der ersten trilateralen Wattenmeer-Jugendkonferenz.
Jüngere Generation einbeziehen
Anfang September trafen sich Vertreter verschiedenster Institutionen der drei Nachbarländer im Alter von 18 bis 30 Jahren in St. Peter-Ording, um unter dem Motto „Unser Erbe. Unsere Zukunft“ vier Tage lang über ihre Wünsche, Ideen und ihren Einsatz für das Wattenmeer zu sprechen. Wenn Ende November in Wilhelmshaven auf der 14. Trilateralen Regierungskonferenz die Zusammenarbeit der kommenden vier Jahre abgesteckt wird, „dürfen die Stimmen der jüngeren Generationen, die diese Zukunft erleben werden, nicht fehlen“, gibt eine Pressemitteilung Frau Prof. Dr. Karin Lochte, Vorsitzende des Wattenmeerausschusses (Wadden Sea Board), wieder, die die Teilnahme von 46 jungen Erwachsenen an dieser Regierungskonferenz ankündigt.
Auch Sylt war vertreten
Da auf Sylt diverse Institutionen am Schutz des Wattenmeeres beteiligt sind, war natürlich auch die Insel auf der Jugendkonferenz vertreten: unter anderem durch Svenja Paulsen und Hannah Gaber vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in List. Sie brachten von den vier gemeinsamen Tagen in St. Peter-Ording mit ähnlich engagierten jungen Leuten viele Eindrücke mit.
„Das Treffen war sehr bereichernd. Besonders der trilaterale Austausch, weil so unterschiedliche Gebiete des Wattenmeeres unter verschieden Aspekten – etwa bei invasiven Arten – betrachtet wurden“, stellte Svenja Paulsen fest, die am AWI ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr ableistet, wobei sie sich unter anderem mit der Bearbeitung von Seegrasproben und Fisch-Monitoring beschäftigt. Sie hätte gern noch mehr konkrete Lösungsansätze gewonnen; typischerweise seien viele Fragen offengeblieben, aber es habe reichlich Stoff zum Nachdenken und eine Vernetzung mit anderen Institutionen gegeben.
Hoffnung trotz Frust
„Insgesamt habe ich eine emotionale Kehrtwende festgestellt. Einerseits gibt es sorgenvolle Bemühungen um den Schutz des Wattenmeeres. Andererseits Frustration, weil vieles nicht vorangeht und die Perspektiven oft schlecht sind. Aber die meisten sind trotzdem ein Stück weit hoffnungsvoll, weil man mit einer anderen Einstellung eh nicht weit kommt“, meinte Svenja Paulsen. Sie würde sich wünschen, dass erkannt wird, wie schützenswert das Wattenmeer ist und welch positive Auswirkungen auf den Klimawandel gesunde Meeresregionen haben können.
Aufschlussreicher Austausch
Ihre Kollegin Hannah Gaber, Masterstudentin am AWI, schätzte die Jugendkonferenz ebenfalls als gute Möglichkeit der Vernetzung ein und würde sie anderen Interessierten weiterempfehlen. „Ich hätte zwar gern etwas mehr aus wissenschaftlicher Sicht gehört, aber der Kontakt zu den Leuten aus anderen Gegenden und Ländern war sehr interessant.“ Als spannend war ihr vor allem der Austausch über ein erhöhtes Sterben von Herzmuscheln rund um Sylt und auch in St. Peter-Ording in Erinnerung geblieben. „Vielleicht lag es am heißen Sommer, aber genau konnten wir die Ursachen während der Konferenz nicht klären.“ Die Gespräche in den Arbeitsgruppen und die lockeren Runden beim gemeinsamen Essen seien unbestreitbar aufschlussreich gewesen: „Von manchen Forschungen wusste man ja gar nichts.“
Faszination weitergeben
Wie lassen die beiden jungen Frauen in ihren eigenen Alltag Nachhaltigkeit einfließen und welches Verhalten würden sie ihren Mitmenschen zum Wohle des Wattenmeeres raten? Svenja Paulsen findet es sinnvoll, andere mit der Faszination für eine gesunde Umwelt anzustecken. Sie würde zwar niemanden missionieren, achtet aber selbst darauf, etwa weniger Plastik zu verbrauchen und umweltfreundliche Alternativen zu finden. „In Dänemark gibt es am Strand Spender mit Müllbeuteln, damit man jederzeit spontan Müll sammeln kann. Das wäre eine gute Ergänzung zu unseren geplanten Müllsammelaktionen“, findet sie.
Natur aus der Nähe erleben
Hannah Gaber regt an, dass sich jeder einmal näher mit dem Zustand und den Aussichten der Umwelt um sich herum auseinandersetzt. „Man sollte sich einfach einmal die Zeit nehmen, die Insel mit dem Fahrrad zu erkunden oder eine Strandreinigung mitmachen. So erlebt man die Natur erst richtig und kann die positiven Effekte vermitteln.“ Schon im Kleinen, im eigenen Alltag lässt sich einiges bewegen, sind sich die beiden sicher. „Auch als Einzelner hat man Einfluss – wenn man zum Beispiel mal darüber nachdenkt, wer so regiert“, fügt Hannah Gaber hinzu.
Die Umsetzung von wirksamen Maßnahmen mag manchmal schwierig und oft langwierig sein, doch wie schützenswert das Wattenmeer ist, davon dürfte sich jeder leicht überzeugen lassen. Svenja Paulsen hat zumindest ein gutes Schlusswort gefunden: „Es gibt diesen Lebensraum nur einmal – wenn er weg ist, bekommen wir ihn nicht wieder!“
Titelfoto: Lukas Gottwald, Wave Runner Studio