Die eine Gruppe hinterfragt die mit den Versammlungen verbundenen Auflagen und fordert Ordnungsamt sowie Kreis zum Handeln auf. Die andere Gruppe hat sich mit der Situation arrangiert und geht zumindest teilweise in den Dialog.
Mit oder über sie reden
Zur ersten Gruppe etwa gehört Michael Knote. Der Betreiber des Harley-Davidson-Stores in der Elisabethstraße nutzte die Einwohnerfragestunde, um sein Unverständnis darüber zu äußern, dass man als Veranstalter erst loslegen könne, wenn eine schriftliche Genehmigung vorliege, das Camp aber innerhalb von 24 Stunden eine mündliche Zusage erhalten habe. Zudem gebe es seiner Meinung nach „eklatante Verstöße“ gegen die geltenden Auflagen. Daher seine Frage, wer diese Verstöße kontrolliere.
Gabriele Gotthardt steht in ihrer Funktion als Leiterin des Ordnungsamtes quasi zwischen den beiden beschriebenen Gruppen. Einerseits gibt sie Verstöße, die ihr gemeldet werden, direkt an den Kreis weiter, damit dieser dann darüber entscheidet, ob und in welcher Form darauf reagiert werden soll. Andererseits spricht sie aber auch direkt mit den Camp-Bewohnern, um auf die Einhaltung der Auflagen hinzuweisen oder um als Amtshilfe für den Kreis die Kommunikation mit dem Camp zu gewährleisten.
Versammlung nicht gleich Veranstaltung
Dies wurde auch deutlich, als sie die Fragen von Michael Knote beantwortete. Da ein Protestcamp durch das Versammlungsrecht über das Grundgesetz geschützt sei, genieße es ein sogenanntes Schutzrecht, das bereits gelte, wenn die Anmeldung eines Camps „ernsthaft zu sein scheint“, so Gotthardt. Die Auflagen, die vorab definiert und in einer Auflagenbescheinigung festgeschrieben worden sind, werden dann zwar durch den Außendienst des Ordnungsamtes, den von der Gemeinde angestellten Sicherheitsdienst sowie von der Polizei kontrolliert. Die Gemeinde könne Verstöße jedoch nur dokumentieren und die Betroffenen vor Ort ansprechen. Über mögliche Sanktionen entscheidet dann allerdings wiederum der Kreis.
Ähnlich wie Michael Knote sieht auch Kay Abeling zahlreiche Verstöße gegen die Auflagen. So gebe es seiner Meinung nach nicht ausreichend Toiletten, keine Ordner und auch die Stromversorgung entspreche – wie er vermutete – nicht den notwendigen Standards. Seine Frage, wie das Ordnungsamt jetzt behaupten könne, dass alle Auflagen erfüllt seien, musste der CDU-Politiker jedoch zurückziehen, nachdem Gabriele Gotthardt zu Recht darauf hinwies, dass sie dies nie gesagt hätte. „Die Auflagen sind nicht erfüllt.“
Lars Schmidt wiederum gehört zu der Gruppe, die sich direkt mit dem Camp und seinen Bewohnern auseinandersetzt. „Man muss nicht glauben, nur weil eine Auflage nicht erfüllt wird, ist man das Camp los.“ Für ihn sei das, was im Camp geschehe, „eine spannende Entwicklung“, da die Selbstorganisation dort voranschreite. Zudem sei das Camp für ihn tatsächlich politischer Protest und kein Protest-Tourismus. „Das mag unbequem sein, weil die Realität hier einkehrt.“ Aber statt über eine Räumung nachzudenken, forderte der Chef der Zukunft-Partei sogar noch mehr Fläche für das Protestcamp. Seine Idee, dafür das Sylt-Stadion zur Verfügung zu stellen, fand jedoch keine weiteren Anhänger unter den Ausschussmitgliedern.
Es gelten rechtsstaatliche Grundsätze
Ähnlich wie Lars Schmidt wies auch Dr. Roland Klockenhoff von den Grünen auf die rechtlichen Rahmenbedingungen hin. „Wir haben eine Demokratie und das ist gut so. Das ist Teil unseres Staates, woanders wird sowas niedergeknüppelt. Hier geht es rechtsstaatlich zu und das kann manchmal anstrengend sein.“
Voraussichtlich wird es auch in den nächsten Wochen so bleiben, denn es sah auf der Sitzung nicht so aus, als dass sich die Verfechter der einzelnen Positionen aufeinander zubewegen würden. In einem Punkt waren sich Politik und Verwaltung dann aber doch einig. Zur nächsten Sitzung soll die Versammlungsbehörde des Kreises eingeladen werden, um sich erstmals auch vor Ort austauschen zu können.
Die Frage, ob die Mauer im Durchgang vom Wilhelminen-Brunnen zum Reformhaus wieder abgebaut werden soll, musste nicht beantwortet werden, da die Verwaltung den Auftrag dazu bereits erteilt hat. Die Mauer wird demnach am Donnerstag entfernt. Zudem sollen weitere Dixi-Toiletten aufgestellt werden.