Sie spielten, als sei es das Größte, mit diesen Kollegen und genau dieser Musik den Moment für eben das anwesende Publikum unvergesslich zu machen. Und diesen Eindruck hinterließ die Riege der 17 exzellenten Musiker nicht nur beim Abschlusskonzert des Kammermusikfestes (KMF) Sylt im komplett ausverkauften Friesensaal in Keitum – an allen elf Spielorten bei insgesamt 13 großen und kleinen Konzerten boten sie den Zuschauern der Jubiläumsedition höchsten Musikgenuss, dies in außerordentlicher Verbindung mit anderen Künsten wie Malerei, Literatur oder Design.

Besondere Vielseitigkeit
In Erinnerung bleiben wird den meisten wohl neben der bemerkenswert abwechslungsreichen Musikauswahl und dem herausragenden Können der Instrumentalisten auch diese dem KMF so eigene Besonderheit: die Freude an der Musik und an ihrem gemeinschaftlichen Erleben.
Hatten die diesjährigen Konzerte bis dahin einen musikalischen Rückblick auf die bisherigen Kammermusikfeste beinhaltet, so war „dieser Abschluss anders als alle anderen Editionen“, stellte Claude Frochaux, der künstlerische Leiter, bei der Begrüßung der Gäste in Aussicht. „Wir wollen zeigen, wie unterschiedlich Musik sein kann, wie verschiedene Kulturen in der Kammermusik zum Ausdruck gebracht werden.“
Dies gelang im festlichen Licht der funkelnden Kronleuchter zweifellos hervorragend: Den Anfang machte ein achtköpfiges Streicherensemble mit einem Werk von Mozart, welches in der typischen überschäumenden Lebendigkeit und Klangfülle des Komponisten bezauberte. Mal sang die erste Geige fröhlich, worauf die erste Bratsche melancholisch klagte – und umgekehrt. Das beredte Mienenspiel der Musiker tat ein Übriges, um den Zuschauer restlos zu fesseln.

Gänzlich unerwartete Klänge – betitelt als „Action Music“ – waren im Anschluss von einem Herrenquintett mit Klarinette, Horn, Percussion, Oboe und Flügel zu hören. Schräg wie die Filmmusik zu einem Edgar Wallace-Film und dabei eine echte Glanzleistung des exakt-akzentuierten Zusammenspiels musste man den höchst konzentrierten Musikern schon allein Respekt für die gelungene Widergabe der scheinbar willkürlichen Töne zollen.
Ein grandioses Finale
Im zweiten Konzertteil hörte das Publikum Stücke für zwei Violinen und Klavier von Schostakowitsch; dabei intonierte das Trio die stimmungsvolle Musik so überzeugend schön – man hätte Weinen mögen.
Den überwältigenden Abschluss machte ein Sextett in C-Dur von Dohnányi für Streicher, Bläser und Flügel, das alle Fein- und Eigenheiten der einzelnen Instrumente wunderbar zur Geltung brachte. Der Spannungsbogen der einzelnen Sätze ließ die Komposition regelrecht zu einem musikalischen Krimi werden; finster, hoffnungsvoll und dramatisch.
Des Lobes voll
Insgesamt bewies nicht zuletzt das finale Konzert, dass es kein weltberühmtes Opernhaus braucht, um klassische Musik und bester Qualität zu erleben und von ihr absolut in den Bann gezogen zu werden. Bravo-Rufe und nicht enden wollender Applaus des Publikums rief die Musiker denn auch mehrmals zurück auf die Bühne. Und es wurde nicht mit Lob gespart: „Fantastisch, das ganze Festival, einfach fantastisch“, begeisterte sich Eva Kämpke, ehemalige Klavierlehrerin der Kreismusikschule Nordfriesland auf Sylt.
Christina Brüchmann, Musiklehrerin an der St. Nicolai-Schule in Westerland, sagte: „Ich verfolge das KMF nun schon seit zehn Jahren mit Freude – diese besondere Musikalität springt immer über.“ Die erste Vorsitzende der Morsumer Kulturfreunde, Maren Ehmke, besuchte neben dem „hauseigenen“ Konzert im Muasem Hüs auch etliche weitere und zeigte sich von „der Vielfalt der handverlesenen Stücke“ beeindruckt. „Und die Leidenschaft, die man den Musikern ansehen kann, ist großartig.“
KMF eindeutig etabliert
Es ist offensichtlich – viele Zuschauer sind dem KMF seit dem ersten Jahr treu. Ein Erfolg, den die Macher Claude Frochaux und Geschäftsführer Malte Ruths, wahrscheinlich selbst nicht vorhergesehen haben, der seinen Anfang „nur“ in ihrer Begeisterung für Musik und die Schönheit der Insel nahm. Mit sehr viel Engagement und Herzblut ist das Kammermusikfest Sylt zu einer Veranstaltungsreihe geworden, bei der sich Professionalität und Bodenständigkeit perfekt die Waage halten.

Herzlichen Glückwunsch zum zehnten Jubiläum und toi, toi, toi für die nächsten zehn Jahre!