Am Freitag, 05.08.2022, um 19 Uhr feiert die Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V. im Naturschutzzentrum in Braderup den 100. Geburtstag ihrer Ehrenvorsitzenden und Gründerin Klara Enss.
Atlantis gestoppt
Sie wurde am 29. Juli 1922 geboren, starb 2001 in ihrem Haus in Braderup. Dank ihrer Weitsicht und Ihres Einsatzes für die Sylter Natur, haben viele Sylter die Notwendigkeit der Naturschutzarbeit auf Sylt verstanden. Mit vielen Mitstreitern brachte sie u.a. ein gigantisches Bauprojekt in den 70er Jahren (Atlantis) zu Fall.
Schon damals schrieben Spiegel und Zeit-Reporter: wie eine Erholungsinsel systematisch zerstört wird, Umweltzerstörung aus Unverstand und Habgier. Klara Enss machte sich keine Illusionen über den Anteil, die Inselbewohner an dem Wandel der Insel und dem Treiben der Investoren hatten. Wer sollte über die Zukunft Sylts entscheiden? Die Alteingesessenen, die, die die Wirtschaft ankurbelten, die Gäste oder die Mahner, die sanften Tourismus wollten? Es ging schon damals um zu viel Autoverkehr, Bauwahn, Massentourismus. Für ihre weitsichtigen, sachkundigen Forderungen wurde Klara Enss beschimpft, aber auch gelobt und später mit dem Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement ausgezeichnet.
Besucherlenkung hat sich bewährt
Ihr Verein, die Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V., übernahm die Betreuung großer Naturschutzflächen der Heiden in Morsum und Braderup/Kampen. Das bedeutete die Sorge um Uferschwalben, Erd- und Kreuzkröten, Lungenenzian, Sonnentau und Heide. Zuerst war es schwer Reitern, Anglern, Radlern und Hundebesitzern ihre Gewohnheitsrechte zu nehmen, um nur ausgewiesene Wege zu benutzen, aber inzwischen hat sich das Besucherlenkungskonzept durchgesetzt.
1980 konnte unser Zentrum, das jetzige Klara Enss Haus eingeweiht werden. Sie selbst plante und realisierte den großen Naturgarten. Als Vizepräsidentin des Bundes der Steuerzahler brachte sie Ihre Kritik an der Atomenergie ein, als nach einer Studie der Bundesregierung ein Atomkraftwerk 300 Meter vor Hörnum projektiert wurde.
Die Verschmutzung der Meere wurde 1988 beängstigend, das Jahr des Robbensterbens. Auch die Tourismusbranche war alarmiert und machte mit beim Protest der 40.000 Menschen als Menschenkette, die Klara Enss organisiert hatte.
Trotzdem ging alles weiter: Autodauerstau in der Saison, steigende Gästezahlen, Großinvestorenprojekte, Abriss von alten Häusern.
Pläne verschwanden in der Schublade
Es wurden Zukunftswerkstätten eingerichtet, runde Tische, ein integriertes Inselschutzkonzept erstellt, aber die erarbeiteten Lösungen wurden nicht weiterverfolgt, die Gutachten in die Schubladen gepackt.
Klara Enss monierte mangelnde Planungskompetenz, verlangte verlässliche Bestandsaufnahmen und eine alternative Vision für Sylt, bei der die Sylter Gastgeber bleiben sollten. Zukunftsfähigen Tourismus, der die Grenzen der Insel anerkennt und die Menschenströme in verträgliche Bahnen lenkt.
Sie warnte vor den sogenannten „Beglückern“ der Insel, den Investoren mit ihren Versprechungen. Am Ende war sie resigniert und schrieb: “es ist keine Genugtuung Recht zu haben.“ Sie zog sich in ihren geliebten Garten und ihr Haus am Watt zurück.