Das Thema beschäftigt die Sylter, seit die CDU-Fraktion der Gemeinde Sylt vor rund zwei Monaten mit der Einladung zu einer Informationsveranstaltung hohe Wellen schlug: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit stellte sie den Anwesenden am 18. August erstmals ihre Ideen zur Reform der Inselverwaltung vor.
Die heutige Verwaltungsstruktur auf Sylt
Aktuell gibt es mit der Gemeinde Sylt und dem Amt Landschaft Sylt zwei insulare Ämter, die beide von der Inselverwaltung im Westerländer Rathaus verwaltet werden. Geführt wird die Inselverwaltung von der Gemeinde Sylt. „Eine Zusammenarbeit der Inselgemeinden auf Augenhöhe ist so nicht gegeben“, erklärt die CDU in ihrem Antrag, die Gemeinde Sylt in das Amt Landschaft Sylt einzugliedern und ihre Geschäfte fortan von einer gemeinsamen Amtsverwaltung leiten zu lassen.
CDU will Amtsmodell
Für Aufsehen sorgte die CDU damals nicht nur mit ihrer Idee, sondern auch mit der Gästeliste für das erste Treffen: Eingeladen waren neben den Fraktionsvorsitzenden aller Sylter Gemeinden lediglich die Bürgermeister der vier Amtsgemeinden Wenningstedt-Braderup, Kampen, List und Hörnum sowie der Bürgervorsteher der Gemeinde Sylt – nicht jedoch Nikolas Häckel, Bürgermeister der Gemeinde Sylt.
Einwohnerversammlung einen Tag vor Abstimmung
Nach einem weiteren Treffen Anfang September in Wenningstedt, bei dem der ehemalige Amtsdirektor des Amtes Eiderstedt, Herbert Lorenzen den Gemeindevertretern der ganzen Insel die Vor- und Nachteile des Amtsmodels erläuterte, waren nun am 21. Oktober endlich auch die Einwohner zum Austausch eingeladen. 90 Einwohner waren im Friesensaal in Keitum zugelassen, nur etwa 70 waren gekommen. Zahlreiche andere hatten sich offensichtlich damit begnügt, die Veranstaltung bei Youtube zu verfolgen, wo sie auch weiterhin als Aufzeichnung angesehen werden kann: Schon am Folgetag hatte das Video rund 700 Aufrufe erreicht.
Niebülls Bürgermeister berichtet
Als Gastredner berichtete Wilfried Bockholt, Bürgermeister der Stadt Niebüll, von seinen Erfahrungen mit der Eingliederung seiner Stadt in das Amt Südtondern im Jahr 2008. „Mit viel Euphorie“ sei Niebüll damals in die Amtsfusion gegangen. „Wir wollten dieses Experiment wagen. Vielleicht waren wir damals auch ein wenig blind.“ Erhoffte Synergieeffekte seien ausgeblieben, zahlreiche Amtsgemeinden heute unzufrieden. Ob er selbst sich heute wieder für ein gemeinsames Amt aussprechen würde? „Jein.“ Im Hinblick auf Doppik und Digitalisierung habe die Amtsverwaltung glänzende Arbeit geleistet, in anderen Bereichen fühle sich die Betreuung durch ein Amt wie Entmündigung an.
Wenig Änderungen durch Amtsfusion
Für die Insel würde sich durch eine Amtsfusion weniger ändern, als die Antragsteller sich vielleicht erhofften: „Selbst nach zwölf Jahren macht jede Amtsgemeinde bei uns noch ihr eigenes Ding. Die Ämter sind Dienstleister für die Gemeinden, nicht mehr und nicht weniger. Die Gemeinden einander näherzubringen ist nicht Aufgabe eines Amtes. “Wenn die Verwaltung am selben Ort bleibt, wechsele höchstens der Stempel auf dem Papier, merkte Nikolas Häckel an. Und das für einen nicht unerheblichen Preis: „Wenn die Mitarbeiter der Inselverwaltung zukünftig in einer Amtsverwaltung tätig sein werden, braucht die Gemeinde Sylt trotzdem weiterhin ein Gemeindebüro.“
Einwohner äußerten eindeutige Meinung
Dass die Amtsfusion keine Auswirkung auf die Einwohner haben könnte, änderte nichts daran, dass die Einwohner anschließend eine deutliche Meinung kundtaten: Fast alle Bürger, die sich zu Wort meldeten, lehnten das Amtsmodell der CDU entschieden ab. „Hier sind ja alle homogen dagegen“, bemerkte auch CDU-Fraktionsvorsitzender Oliver Ewald und schaffte es auch in der etwas verlängerten Redezeit nicht, die Anwesenden von seinem Modell zu überzeugen.
Sein Seitenhieb an Bürgermeister Nikolas Häckel, dieser könne sich dann ja auf den neuen Posten als Amtsdirektor bewerben, wurde vom Publikum mit lautem Raunen beantwortet und nötigte Gerd Nielsen (SPD) zu einer ganz eigenen Mutmaßung über die Motive der Antragsteller: „Die CDU ist nicht in der Lage, einen eigenen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr aufzustellen, sieht Nikolas Häckel bereits als Gewinner und möchte durch die Konstruktion eines Amtes eine neue Person montieren.“
Auch Birte Wieda von der Bürgerinitiative „Merret reicht’s“ zeigte sich misstrauisch: „Ich habe heute nicht einen sinnvollen Grund für die Amtsreform gehört“, bemerkte sie. „Hier wird etwas gedreht, und ich will mich einfach nicht mehr drehen lassen.“
Keine Einigung an diesem Abend
Silke von Bremen forderte die CDU auf, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und in den Dialog mit den Syltern zu treten, anstatt auf einen raschen Beschluss zu drängen. Dass der Dialog keinem der Anwesenden leicht fiel, zeigte sich bei der anschließenden Diskussion: Nachdem die Sylter Inselführerin dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Oliver Ewald nicht das Versprechen abringen konnte, seinen Antrag fürs erste zurückzustellen, wurde die CDU nach einem halbstündigen Durcheinander von 28 der 46 am Ende noch anwesenden Einwohner aufgefordert, ihren Antrag ganz zurückzunehmen. Ob sie dieser Forderung nachkommt, wird sich am Donnerstagabend zeigen.